Der große deutsche Fußballpionier Walter Sanß
Der bedeutendste Wegbereiter des Fußballs in Dortmund und damit unser wichtigster und einflussreichster Fußballpionier war Walter Sanß. Er trat nicht nur im richtigen Augenblick an die Spitze des DFC 95, um ihn vor dem drohenden Exitus zu retten, sondern war auch ein außergewöhnlich erfolgreicher Funktionär und Organisator, bekannt und geschätzt weit über die Landesgrenzen hinaus.
Darüber hinaus war der Tausendsassa Sanß einer der ersten westdeutschen Sportredakteure bzw. -reporter. In den Sportfachorganen »Körper und Geist« und später »Fußball und Leichtathletik« schrieb er kontinuierlich schon von 1900 an in seinen legendären »Dortmunder Briefen« über das hiesige Fußball- und Sportgeschehen. Die Tatsache, dass er unermüdlich Wochenende für Wochenende im Stundenrhythmus auf einem anderen Sportplatz auftauchte und dort seine Geschichten für die Berichterstattung suchte, brachte ihm den ehrenvollen Spitznamen »Flieger Sanß« ein. Sogar als Sportfotograf heimste der Vielseitige emsig Meriten ein!
EIN LEBEN FÜR DEN SPORT
Die Geschichte des Dortmunder Fußballclubs 1895, später DSC 95, ist eng mit dem Wirken von Walter Sanß verknüpft. Nach der Gründung und einer rasch folgenden »Durststrecke« erlebte der Club ab 1898 einen kontinuierlichen Aufstieg, nachdem sich der bekannte Berliner Fußballspieler Karl Luedecke in Dortmund ansiedelte. Der angehende Jurist wohnte – oh Fügung – im Hause Sanß. Walters Vater war übrigens Geschäftsführer des Hellweg- Westfälischen Turnkreises. Luedecke erkannte und förderte das sportliche Interesse von Junior Sanß und lenkte ihn in Richtung DFC 95. Bald schon übernahm dieser dort die wichtigsten Verwaltungsaufgaben und führte den zweitältesten westfälischen Verein nach oben. 1910 und 1913 gab es – der geistige Vater war selbstverständlich Walter Sanß – einige erfolgreiche Fusionen, aus denen dann später der Name Dortmunder Sportclub 1895 resultierte. Ganz besonders fand im DFC/DSC auch die Leichtathletik eine gute Grundlage. Der Schöpfer dieses Sportzweiges, so führt es das Jahrbuch des Westdeutschen Spielverbandes 1924 aus, war wiederum ein gewisser Walter Sanß. »Er ging mit seinem Verein in alle großen und kleinen Orte, half an allen Ecken und Kanten, und nicht selten sah man die Mitglieder des DFC sich gleichzeitig als Ausübende, Kampfrichter und Helfer betätigen.«
SANSS UND DER DFB
Der umtriebige Walter Sanß war kein Mann »nur« für seine Heimatstadt Dortmund. Er strebte nach Höherem! 1900 wurde in Leipzig der DFB gegründet. Schon 1904 vertrat Sanß die Interessen des Westdeutschen Spielverbandes auf dem ersten DFB-Bundestag in Kassel. 1905 folgte der persönliche Durchbruch: In Köln wurde unter seiner entscheidenden Mitwirkung der Anschluss des Westdeutschen Spielverbandes an den DFB durchgesetzt. Sanß wurde die Position des DFB-Schriftführers angetragen. Der ambitionierte Dortmunder sagte nicht nein. 1907 siedelte Sanß nach Bonn über. Von dort aus organisierte er das erste Spiel einer Westdeutschen Verbandsmannschaft gegen Belgien. Nach weiteren kurzen Episoden in Berlin und Hannoversch-Münden kehrte er nach Dortmund zurück. Dass Walter Sanß aufgrund seiner überragenden organisatorischen Fähigkeiten 1906, 1907, 1908 und 1909 auf den jeweiligen DFB-Bundeskongressen stets erneut zum Schriftführer gewählt wurde – einstimmig, versteht sich – kann nicht überraschen.
ERSTE DFB-GESCHÄFTSSTELLE IN DORTMUND
»Ich stelle Einstimmigkeit fest! Damit ist die Einrichtung einer DFB- Geschäftsstelle beschlossene Sache.« Präsident Hinze war sichtlich zufrieden. Bereits im Vorfeld des 15. DFB-Bundestages, der im Mai 1910 in Köln stattfand, hatte man die Weichen für diese wichtige Entscheidung gestellt. Insbesondere der Süddeutsche Verband musste »eingenordet« werden. Dieser war zunächst nicht davon überzeugt, dass die Verwaltungsaufgaben des DFB so umfangreich geworden waren, dass der ehrenamtliche Schriftführer Walter Sanß jetzt in Dortmund ein offizielles DFB-Büro unterhalten müsste und gleichzeitig auch noch hauptamtlich anzustellen sei. Hinzes Argumente allerdings waren überzeugend. Damit hatte Walter Sanß eines seiner zentralen Ziele erreicht. Der DFB hatte seine offizielle Adresse nach Dortmund verlegt, Sanß konnte ab sofort in der Gutenbergstraße 48 die DFB-Geschäftsstelle eröffnen und von hier aus die Geschicke des soeben zehn Jahre alt gewordenen Verbandes hauptamtlich lenken. Der Sitz des DFB befand sich mehrere Jahre in Dortmund. Ende 1914 musste Walter Sanß jedoch in den 1. Weltkrieg ziehen und verbrachte seine Kriegsjahre in Straßburg. Die Geschäftsstelle verwaiste durch seine Abwesenheit; der DFB verlegte sie 1916 nach Köln. Heute befindet sie sich in der Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt. Nur wenige wissen, dass Dortmund dank des DSCers Walter Sanß für mehrere Jahre der »Nabel der DFB-Welt« war. Nach seinem Kriegseinsatz kehrte Sanß nach Dortmund zurück, war als Wegbereiter des Schiedsrichterwesens, 1919 als Initiator und erster Vorsitzender des Stadtverbandes für Leibesübungen – heute StadtSportBund – und im Westdeutschen Spielverband tätig und beendete 1921 aus zwingenden beruflichen Gründen seine Arbeit als Sportfunktionär.