Gewohnheiten – Im Alltag nützlich oder wiederkehrende Laster?

Nach dem Aufstehen als Erstes die Kaffeemaschine einschalten oder nach dem Sport ausgiebig duschen. So oder so ähnlich antworten viele, wenn man sie nach ihren eigenen Gewohnheiten befragt. Oft fallen uns Gewohnheiten eher an anderen auf und werden häufig mit negativen Angewohnheiten gleichgesetzt.

Aus psychologischer Sicht gehören Gewohnheiten zu den nützlichen kognitiven Aktivitäten unseres Gehirns. Handlungen, die sich wiederholen, sind eine Erleichterung für unsere Denkleistung und werden durch ihre Häufigkeit zu Gewohnheiten. Über Gewohnheiten müssen wir nicht aktiv nachdenken, sondern spulen sie automatisch ab. Erst wenn uns ein Fehler unterläuft, uns Gewohnheiten schaden oder uns ein Nachteil entsteht, geraten sie wieder in unseren aktiven Fokus. Wir haben uns beispielsweise an das Anschnallen im Auto so sehr gewöhnt, dass wir es auch dann nicht vergessen, wenn es nicht piepen würde. Und wie oft haben Sie „vergessen“ sich die Zähne zu putzen? Vermutlich nie, sofern Sie es ansonsten routinemäßig morgens und abends tun. Auch beim Hinauflaufen einer Treppe wird uns die Handlung erst bewusst, wenn wir das Bein nicht ausreichend für die nachfolgende Stufe anheben.

Wie kann man etwas ändern, über das wir scheinbar nicht aktiv nachdenken und was langfristig in den Tiefen unseres Gehirns gespeichert wurde?

Die Antwort lautet: Raus aus der Komfortzone und den Weg für neue gesunde Gewohnheiten ebnen!

Das bedeutet:

  • Auslöser für alte Gewohnheiten identifizieren und hinterfragen
  • Alte Gewohnheiten durch gleichwertige oder bessere Alternativen ersetzen
  • Erkennen der Beweggründe und Stärkung der Eigenmotivation
  • Neue Handlung in den Alltag integrieren und regelmäßig wiederholen
  • Sich der Vorteile der neuen Gewohnheiten bewusst machen

Da aller Anfang schwer ist, sollte man sich die Beweggründe für die bewusste Änderung der Gewohnheit immer wieder vor Augen führen. Wichtig ist hierbei, sich realistische Ziele zu setzen. Bis sich neue Handlungen als Gewohnheiten durchsetzen, müssen sie oft wiederholt werden. Dabei ist unsere Motivation ein wichtiger Motor für unser Handeln. Sie hat Einfluss darauf, für welche Ziele wir uns entscheiden, wie wir sie umsetzen, wie sehr wir uns dabei anstrengen und wie lange wir am Ball bleiben.

Aus psychologischer Sicht unterscheidet man zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation. So kann der Grund für die Motivation außerhalb der Handlung, beispielsweise in sozialer Anerkennung durch andere oder positiven Konsequenzen nach der Handlung für einen selbst liegen (z.B. stolz auf sich selbst sein oder eigene Leistungssteigerung) oder aus der Handlung an sich erfolgen (z.B. Spaß an der Durchführung, Interesse, Neugierde, Kompetenzgefühl).

Wenn wir intrinsisch motiviert sind und neue Gewohnheiten als sinnvoll erachten oder sie unseren Wertvorstellungen entsprechen, erfolgt der Antrieb aus unserem Inneren. Dies beeinflusst unser Verhalten langfristig und hält somit die Regelmäßigkeit aufrecht. Dadurch kann sich aus der neuen regelmäßigen Handlung eine neue Gewohnheit etablieren. Jedoch kann auch extrinsische Motivation uns dabei unterstützen, neue ungewohnte Handlungen zu etablieren, indem wir z.B. anderen von unseren neuen Gewohnheiten erzählen und es uns somit schwerer fällt, Ausreden zur Umsetzung unserer Vorhaben zu finden.

Wer von nun an z.B. beschließt

  • mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zum Sport zu fahren
  • aus Sicherheitsgründen nur noch mit Fahrradhelm fährt
  • in einer Fahrgemeinschaft fährt, statt alleine
  • den zuckerhaltigen Riegel durch gesünderes Obst zu ersetzen
  • kürzer und mit etwas reduzierter Temperatur zu duschen
  • die Treppe benutzt, statt den Aufzug

kann nicht nur einen eigenen kleinen Beitrag für unser Klima leisten, sondern auch etwas für seine Gesundheit und darauf darf man stolz sein!

Autor:innen: Jürgen Walter, Psychologe; Heidi Fagyas, Jobcoach

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