TSC motiviert – Konzentration auf den Punkt
Als Schalke 04 am 13. Spieltag der laufenden Bundesliga-Saison im Derby gegen den BVB antrat, hatte wohl niemand damit gerechnet, dass sie bereits nach weniger als dreißig Minuten mit vier Toren hinten liegen würden. Ein desolates Ergebnis. Doch die Königsblauen kamen verändert aus der Halbzeit und starteten die sensationelle Aufholjagd zum 4:4. Was sich in der Kabine abgespielt hat, bleibt ein Geheimnis. Wir verraten Ihnen jedoch, wie Sie künftig in brenzligen Situationen Ruhe und Stabilität bewahren können.
Konzentration auf die Schnelle
Im Sport können Sekunden über Sieg oder Niederlage entscheiden. Bereits im Training sollten daher Konzentrationsübungen eingebracht werden, auf die im Wettkampf zurückgegriffen werden kann. Denn nur wer sich bereits im Training an potentielle Ablenkungen und suboptimale Leistungsbedingungen gewöhnt, erscheint umso konzentrierter wenn es darauf ankommt. Folgende vier Punkte lassen sich selbst unter Zeitdruck im Spiel anwenden:
- Hände zusammendrücken
- Zwei Mal tief einatmen und durch den Mund ausatmen
- Körperspannung checken (Hintern zusammenkneifen)
- Konzentration neu ausrichten: Wo schaue ich hin? Wo will ich hinschauen? Was ist mein Ziel? (Nach Engbert, Droste, Werts & Zier, 2011)
Unsere visuelle Wahrnehmung ist der mächtigste Sinneskanal, der Verarbeitungsprozesse im Gehirn dominiert und der sogar Wahrnehmungen aus anderen Sinneskanälen auslöschen kann. Daher ist es empfehlenswert, sich in psychologisch fordernden Situationen auf unsere Augen zu konzentrieren. Wenn das Blickverhalten bewusst gesteuert wird, wird damit auch die Konzentration neu ausgerichtet. Der Blick sollte dabei auf spielrelevante Gegenstände oder Personen gerichtet werden, wie der Ball, der Gegenspieler oder die Seitenlinie. Zur Verstärkung der Konzentration können Ankerwörter genutzt werden, die Sie sich bei jeder Neuausrichtung Ihres Blickes laut oder in Gedanken vorsagen. Diese Ankerwörter können je nach Situation und Spielstand beispielsweise „Konzentration“, „Angriff“, „Abwehr“ oder „Ruhe“ sein.
Beruhigung auf die Schnelle
Stress entsteht häufig durch Gedanken an negative Erlebnisse in der Vergangenheit oder an Konsequenzen der aktuellen Situationen, beispielsweise eine Niederlage. Durch ein bewusstes Ausrichten der Gedanken auf das Hier und Jetzt fokussiert das Gehirn sich auf gegenwärtige Prozesse und hat damit keine weiteren Kapazitäten für Vergangenes und Zukünftiges offen. Steffen Bambachs „5-4-3-2-1“-Methode unterstützt, aufdrängende Gedanken zu kontrollieren, Anspannung zu lösen und die Abwärtsspirale zu unterbrechen.
Konzentrieren Sie sich auf einen Punkt im Raum oder im Freien und zählen Sie rückwärts von „5“ auf „1“. Bei jeder Zahl sagen Sie sich laut oder in Gedanken, was Ihre Sinne in dem Moment wahrnehmen.
Fünf: Ich sehe… Ich höre… Ich spüre…
Vier: Ich sehe… Ich höre… Ich spüre…
Drei: Ich sehe… Ich höre… Ich spüre…
Zwei: Ich sehe… Ich höre… Ich spüre…
Eins: Ich sehe… Ich höre… Ich spüre…
Die genannten Sinne können beliebig ausgetauscht werden. Wenn Sie bei der Anwendung der Methode merken, dass Sie beispielsweise eine gute olfaktorische Wahrnehmung haben, dann integrieren Sie diesen Sinneskanal. Es ist außerdem möglich, bei allen Zahlen die gleichen Wahrnehmungen zu nennen und diese als Selbstinstruktion zu nutzen, die Wahrnehmung, Gedanken und physische Anspannung reguliert.
Eine weitere Möglichkeit ist es, den aktuellen Spielstand zu tauschen. Wenn Sie oder Ihre Mannschaft beispielsweise zurückliegen, nehmen Sie stattdessen an, Sie würden führen. Fühlen Sie sich in dieses Gefühl der Leichtigkeit, Sicherheit und der Stärke hinein, um Ihre eigenen physischen und psychischen Ressourcen auf die Siegerstraße zu lenken. Wenn Sie annehmen, Sie würden hinten liegen, obwohl Sie gewinnen, können Sie die neu gewonnene mentale Einstellung zum Spiel nutzen, ohne über potentielle Konsequenzen der Situation nachzudenken und sich stattdessen wieder auf Ihre Stärken konzentrieren.
Weiterhin sollte kalkuliert werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Spiel noch gedreht werden kann. Selbst bei einem schier aussichtslosen Gegner beträgt die Wahrscheinlichkeit etwa eins bis fünf Prozent. Fragen Sie sich, ob Sie diese geringe Chance nutzen möchten oder nicht! Und selbst wenn sie scheinbar abgeschlagen auf der
Verliererstraße fahren, halten Sie die Konzentration weiter hoch und betrachten Sie das Spiel als hochwertiges, kostenloses Training, in dem Sie Ihre Fähigkeiten weiterentwickeln können.
Für Nachfragen und individuelle Beratungen zu den genannten und weiteren sportpsychologischen Methoden stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!
Die Autoren:
Valeria Eckardt
MSc Psychology in sport and exercise (cand.), Deutsche Sporthochschule Köln
Systemische Familientherapeutin (i.A.)
Jürgen Walter
Dipl.-Psychologe, Sportpsychologe (asp/BDP)
E-Mail: kontakt@walter-sportpsychologie.de