„Wir müssen Sportstätten so gestalten, dass sie wenig Wasser verbrauchen“

Wasser ist unsere Existenzgrundlage und ein zentrales Element im Klimawandel. Mal haben wir zu viel davon und immer öfter wird es knapp. Der TSC Eintracht hat durch Automatik und Infrarot-Sensoren in allen Duschen und Waschbecken unnötige Wasserverbräuche reduziert. Das gesamte Oberflächenwasser auf der Sportanlage wird gesammelt, um es für die notwendige Bewässerung der Hockey- und Lacrosse- Spielplätze zu nutzen. Überschüssiges Regenwasser versickert vor Ort und wird dadurch direkt dem natürlichen Kreislauf zurückgeführt. Warum solche Maßnahmen für die ganze Region wichtig sind, haben wir mit Dr. Mario Sommerhäuser von der Emschergenossenschaft / Lippeverband besprochen.

Sie sind Abteilungsleiter Fluss und Landschaft bei der Emschergenossenschaft / Lippeverband. Kurz zusammengefasst, womit beschäftigen Sie sich?

Wir beschäftigen uns in unserer Abteilung mit der ökologischen Entwicklung unserer Flussgebiete, also der Emscher und der Lippe. Wir planen Renaturierungsmaßnahmen und messen auch den Erfolg, ob Tiere und Pflanzen zurückkommen. Die Abteilung hat aber ein sehr weitgespanntes Aufgabenfeld: Die Bürgerbeteiligung gehört ebenfalls dazu, um Flüsse für Menschen als Erlebnisraum für Freizeit und Erholung zurückzuholen und gleichzeitig darauf zu achten, dass wir sie nicht übernutzen. Um es letztlich ganz weit zu spinnen: Auch die bekannten Weinberge in Dortmund werden von unserer Abteilung fachlich begleitet.

Die Erde ist über 70 Prozent mit Wasser bedeckt und in Deutschland regnet es ständig. Ist Wasser für uns in Deutschland überhaupt ein großes Thema?
Es ist ein ganz großes Thema. Wir haben es ja in den letzten fünf Jahren erlebt, da hatten wir alleine vier sogenannte Dürresommer. Dann sind im Ruhrgebiet viele Gewässer trocken gefallen, was weitreichende Folgen hat und wir so noch nicht kannten. Wir haben uns bisher damit beschäftigt, wie wir mit Hochwasser oder Starkregen umgehen, aber der Verlust von Wasser ist ein neues wichtiges Thema. Es ist richtig, dass wir in der Summe nicht so wenig Niederschlag haben, aber es kommt darauf an, wann dieser fällt. Bisher ist es so gewesen, dass in dem Zeitraum von Mai bis Oktober eher wenig Regen gefallen ist und im Winter wieder genug. Das Problem dabei ist aber, dass wir im Sommer das Wasser am meisten nutzen, zum Beispiel für Bewässerung. Die Wasserwirtschaftler sind sich sicher, dass das ein Dauerproblem oder zumindest eine Daueraufgabe werden wird, mit der wir umgehen müssen.

Was wären die Folgen, sollten Gewässer in der Region austrocknen?
Dass Gewässer trocken fallen, kommt in bestimmten Regionen natürlicherweise vor, dann können Tiere und Pflanzen damit umgehen, denn die sind erstaunlich schlau und können solche Gewässer neu besiedeln. Im Sommer weichen sie aus und kommen anschließend zurück. Wenn wir Gewässer haben, die nicht sehr naturnah sind wie einen Graben oder einen offenen Tümpel, den man künstlich angelegt hat, dann sind die sehr empfindlich und dann können fast keine Organismen darin überleben. Wir haben uns auch damit beschäftigt, wie die Menschen die Trockenheit wahrnehmen. In unseren Verbandsgebieten sind in bestimmten Bereichen die Hälfte aller Bäche trocken gefallen. Das sind Räume, wo die Menschen spazieren oder wo der Hund vielleicht mal Wasser trinkt. Außerdem haben sie eine Kühlwirkung. Und das haben die Leute sehr intensiv wahrgenommen. Es ist wichtig, dass wir solche Gewässer schützen und weiterentwickeln.

Welche Rolle kann dabei der Sport spielen?
Der TSC Eintracht ist bereits ein gutes Beispiel, was der Sport leisten kann. Sie nutzen die Sportstätten multifunktional, sammeln auf den Flächen das Regenwasser und benutzen dieses für die Bewässerung des Hockeyplatzes. Es gibt bereits Sportplätze, die als Hochwasserrückhalteräume dienen, also tiefergelegene
Räume, wo Wasser gespeichert wird. Wir müssen definitiv mehr solcher Synergien nutzen.

Im Ahrtal haben wir 2021 auch in unserer Nähe deutliche Auswirkungen des Klimawandels gespürt. Wie sehr sind wir in Dortmund von solchen Überschwemmungen gefährdet?
Das kann auch bei uns möglich sein. Wir haben zwar hinbekommen, dass nichts Dramatisches passiert ist, aber es gab auch kleinere Schäden und der Phoenixsee ist zum ersten Mal geflutet worden. Zudem hatten wir nicht ganz diese Niederschlagsmengen, wie im Ahrtal. Wir hatten ehrlicherweise etwas Glück. Dazu kommt auch, dass unser Raum von der Struktur her etwas anders ist. Das Ahrtal und ähnliche Lagen sind ja eher durch Täler geprägt. Das Wasser kommt von den Hängen runter. Wenn der Fluss über die Ufer tritt und die Aue bebaut ist, treten massive Schäden auf. Im Tiefland ist es etwas anders, da kommen die Wassermassen nicht so schnell zusammen, weil es flacher ist. Größere Niederschlagsmengen können aber auch bei uns zu großen Schäden führen und wir müssen durch den Klimawandel den Wasserschutz verbessern und das mit naturnahen Methoden.

Was können wir als einzelne Personen noch tun, um das Wasser und die Lebensräume drumherum zu schützen?
Im Sport können wir uns überlegen, wie wir Sportflächen so gestalten, dass sie wenig Wasser verbrauchen. Einzelne sollten sich Fragen stellen, wie zum Beispiel: Habe ich den Stellplatz für mein Auto zugepflastert oder kann da Wasser einsickern? Fange ich Regenwasser in der Tonne auf oder geht das in den nächsten Kanal? Habe ich eine Dach- oder Fassadenbegrünung? Das hört sich nach vielen kleinen Sachen an, aber wenn das genügend Leute machen, ändert das auf jeden Fall etwas. Klimaeinflüsse durch beispielsweise Fernreisen sind genauso wichtig zu beachten. Sport vor der Haustür ist dagegen ziemlich nachhaltig.

Früher war die Emscher ein Abwasserkanal, heute ist sie weitestgehend renaturiert. Ist die Zeit der verschmutzten Gewässer vorbei oder welche Rolle spielen Verschmutzungen noch?
Die Emscher ist jetzt abwasserfrei, es gibt nur noch so genanntes »gereinigtes Abwasser« und das merken wir auch im Fluss, denn die ersten Organismen kommen zurück. Aber wir haben noch in den Oberflächengewässern andere Probleme: Selbst eine gute Kläranlage kann heute noch keine Medikamente komplett entfernen. Alles, was wir zu uns nehmen, bis hin zur Sportsalbe, landet am Ende in der Dusche oder in der Toilette. Und da sind viele Stoffe bei, die eben noch nicht komplett abgebaut werden können – nur mit aufwändiger Technik. Diese bauen wir in Dortmund gerade in den Kläranlagen nach.

Haben Sie noch Anliegen, die Sie unseren Mitgliedern mitgeben möchten?
Ja, auf die Konflikte zwischen Sport und Naturschutz möchte ich eingehen: Die Lippe ist beliebt für allgemeinen Wassersport, also Kanufahren oder Stand-Up-Paddeling. Das finden wir auch völlig in Ordnung, denn der Fluss darf erlebt werden. Man muss nur gewisse Regeln beachten: Nichts vermüllen, nicht in die Ufer fahren, nicht übermäßig nutzen, seine Sachen mitnehmen – das sollte alles selbstverständlich sein, aber ich appelliere daran, dass der Sport dabei unterstützt. Wir haben Glück, dass es an der Lippe Sportvereine gibt, die zum Beispiel einen Tag gestalten, an dem sie den Fluss und die Ufer reinigen. Aber Konflikte gibt es immer wieder, genau wie beim Mountainbiking in Naturschutzgebieten, was nicht erlaubt ist, aber trotzdem gemacht wird. Es gibt bei Sportler*innen eine gewisse Spannweite zwischen sehr rücksichtsvollen Menschen und Menschen, die sagen »Ich darf das«. Da spielen Sportgemeinschaften eine große Rolle.

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